Justus Moor im Praxistest: Einblicke in die Herausforderungen der Kita Räuberhöhle
Veröffentlicht am 10. Juni 2024
Statt im Plenarsaal Reden zu halten, tauschte der Hammer Landtagsabgeordnete Justus Moor drei Tage lang Hemd und Jackett gegen praktische Kleidung und absolvierte ein Praktikum in der Kita Räuberhöhle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Hammer Westen. „Mir war es wichtig, nicht nur kurz vorbeizuschauen, sondern selbst mit anzupacken und ein eigenes Bild von den Herausforderungen im Kita-Alltag zu bekommen“, betonte der SPD-Politiker.
Zum dritten Mal, seitdem Moor vor zwei Jahren in den Landtag gewählt wurde, absolvierte er ein dreitägiges Praktikum. Nach dem Pflegeheim St. Stephanus in Heessen und Schichten bei der Polizei Hamm, stand nun die KiTa Räuberhöhle im Hammer Westen auf dem Plan. „Justus Moor wollte keine Sonderbehandlung, sondern den Alltag in den Kindertageseinrichtungen erleben“, berichtet Kirsten Edelkötter, die Leiterin der Kita. „Er war vom ersten Tag an dabei und hat mit den Kindern gespielt, aufgeräumt und bei den Mahlzeiten geholfen. Das hat unser Team sehr geschätzt.“ Für Moor selbst war es eine wertvolle Erfahrung: „Ich habe gesehen, wie engagiert die Erzieherinnen und Erzieher sind, wie sehr sie ihren Job lieben und gleichzeitig, wie sehr sie unter den aktuellen Bedingungen leiden.“
Die Kita Räuberhöhle an der Sachsenschleife betreut rund 40 Kinder in zwei Gruppen. Der Großteil der Kinder stammt aus migrantischen Familien, viele davon mit Fluchterfahrung aus dem mittleren Osten oder aus der Ukraine. Dies stellt besondere Anforderungen an die pädagogische Arbeit und die sprachliche Förderung. „Unsere Ressourcen sind knapp“, erklärt Edelkötter. „Wir kämpfen mit finanziellen Engpässen und spüren den Fachkräftemangel im sozialen Sektor. Die Anforderungen an uns steigen, aber die Unterstützung bleibt aus.“
Justus Moor, der ebenfalls Pädagoge ist, sieht hier ebenfalls dringenden Handlungsbedarf: „Die finanzielle Ausstattung der Kitas muss dringend verbessert werden. Die Mittel aus dem Kinderbildungsgesetz reichen vorne und hinten nicht aus. „Die Erzieherinnen und Erzieher und der DRK als Träger machen alles, um beste Bedingungen zu schaffen. Aber Wohnräumlichkeiten als Kita und ein kleiner Außenbereich mit wenig Spielgerät sind – um vollkommen ehrlich zu sein – unterirdisch. Das ist weit unter dem Anspruch, den wir als Gesellschaft für unsere Kinder haben sollten.“ Ein neues Klettergerüst mit Rutsche und ein kleines Stück Rasenfläche konnten glücklicherweise durch Spendenprogramme und Wettbewerbe geschaffen werden. Die eigentlichen Landesmittel geben das nicht her. „Es darf nicht sein, dass notwendige Anschaffungen und Renovierungen ständig verschoben werden müssen,“ fordert Moor mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung. „Nur so können Kinder in dieser schwierigen sozialen Lage überhaupt irgendeine Chance bekommen.“
Umso mehr gelte dies bei der Wertschätzung gegenüber dem Personal. Während seines Praktikums erlebte Moor hautnah, wie anstrengend die Arbeit in einer Kita sein kann. „Die Erzieherinnen und Erzieher leisten Großartiges und gehen oft über ihre Grenzen hinaus“, stellte er fest. „Es ist höchste Zeit, dass diese Berufe mehr Anerkennung erfahren, sowohl finanziell als auch gesellschaftlich.“ Neben besserer Bezahlung sieht er dabei vor allem die Arbeitsbedingungen und die berufliche Sicherheit. So arbeiten in der Kita Räuberhöhle neben Erzieherinnen und Erziehern auch Inklusionskräfte und eine Alltagshelferin. Doch deren Anstellung ist abhängig von der Bewilligung von Anträgen oder der Fortsetzung von einzelnen Programmen. „Es kann doch nicht wahr sein, dass manche Mitarbeiterinnen drei Wochen vor Jahresende nicht wissen, ob sie im Januar noch einen Job haben. Und das nur weil die Bewilligung oder die Ausschreibung des Landes noch nicht da ist. Das ist völlig respektlos diesen tollen Menschen gegenüber.“ Gleichzeitig reicht der festgelegte Personalschlüssel im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) nicht aus. Ende 2023 haben fast 5000 der landesweit rund 10.700 Kitas eine Unterschreitung der Mindestpersonalausstattung gemeldet. Immer häufiger werden Gruppen geschlossen, die Betreuungszeiten eingeschränkt oder Kitas komplett geschlossen. Der Fachkräftemangel tue sein Übriges.
Edelkötter ergänzt: „Die Belastung unserer Fachkräfte ist hoch. Neben der pädagogischen Arbeit müssen wir viele administrative Aufgaben bewältigen und sind oft Ansprechpartner für soziale Fragen der Familien. Diese zusätzlichen Aufgaben, vor allem in der sozialen Arbeit, waren auch bereits Thema im Arbeitskreis PlusKita Hamm Westen, den Justus Moor im vergangenen Jahr besucht hat. Nun konnte er sich ein eigenes Bild machen.“
Nach drei intensiven Tagen in der Kita Räuberhöhle zieht Justus Moor ein klares Fazit: „Wir steuern in NRW auf einen absoluten Kita-Notstand hin. Das gilt für fast alle Kitas in NRW. Aber ganz besonders spürt man das in den sozial benachteiligten Stadtteilen wie im Hammer Westen. Es ist unerlässlich, dass wir politisch handeln und die Rahmenbedingungen verbessern.“ In Hamm sind viele Weichen inzwischen richtiggestellt und die Stadt auf dem Weg zur familienfreundlichsten Stadt Deutschlands. „Doch wir können in Hamm uns noch so sehr anstrengen, wenn die Landesregierung die Kitas, Familien und Kinder im Stich lässt können wir das nicht auffangen. Ich werde daher in Düsseldorf alles dafür tun, um für eine bessere finanzielle Ausstattung und Unterstützung der Kitas und der Erzieherinnen und Erzieher zu kämpfen.“
Edelkötter zeigt sich optimistisch, aber auch realistisch: „Wir hoffen, dass Justus einen guten Einblick bekommen hat und sein Besuch für mehr Aufmerksamkeit für die schwierige Lage der Kitas in NRW sorgt. Wir brauchen dringend konkrete Verbesserungen und nachhaltige Veränderungen. Unsere Kinder, die Familien und das pädagogische Team hätten es verdient.“